Kapelle Maria Regina

Mehr als 500 Jahre: Kirche im Dorf

Das Dorf Biebernheim wird erstmals im Jahr 820 in einer Urkunde erwähnt, in der Ludwig der Fromme den „sechs Stunden umfassenden Wald“ um Biebernheim dem Kloster des Heiligen Goar zum Geschenk macht. Vom Bestehen eines Gotteshauses ist dort nichts überliefert. Der Grundriss der heutigen evangelischen Kirche in Biebernheim und die im Jahr 1925 aufgefundenen Weihekreuze beweisen, dass diese Kirche bereits im Mittelalter erbaut wurde.

Eine noch erhaltene Bestallungsurkunde aus dem Jahr 1496 sagt aus, dass der Kleriker Adam Theodoricus durch den Landgrafen von Hessen für „die Capelle zu Biebernheim gelegen“ ernannt wird. Daher kann zu Recht auf eine zumindest fünfhundert Jahre währende Tradition der Kirche im Dorf verwiesen werden. Im Jahr 1527 führte Landgraf Philipp der Großmütige von Hessen-Kassel in St. Goar und in Biebernheim die Reformation ein. Den dortigen Katholiken wurde später durch Landgraf Ernst von Hessen-Rheinfels bis zum Bau einer eigenen Kirche im Jahr 1660 in St. Goar die Krypta der Stiftskirche zur Feier ihres Gottesdienstes zugeteilt.

Mut und Begeisterung

Dem offenbar stets bestehenden Wunsch der Biebernheimer Katholiken, eine eigene Kirche im Dorf zu haben, kam die Initiative des örtlichen katholischen Dorfschullehrers Leonhard Gansweidt durch die Gründung des Kapellenbauvereins im Jahr 1898 näher. In der Niederschrift über eine Versammlung des Vereins erfahren wir, dass Kaplan Johann Kornbrust dessen Ziele erläuterte, um die Mitglieder „mit neuem Mute und mit frischer Begeisterung zu erfüllen“. Durch die Opferbereitschaft der Biebernheimer Katholiken kam in den folgenden zehn Jahren eine für damalige Verhältnisse beachtliche Summe in Höhe von über 3.000 Mark zusammen. Das für den Bau der Kapelle notwendige Grundstück wurde um das Jahr 1910 durch die Familie Johann Baptist Fendel aus St. Goar der katholischen Pfarrgemeinde geschenkt.

Mit Schreiben vom 23. Juli 1914, so ist es der Chronik des Kapellenbauvereins zu entnehmen, wandte sich der Vorsitzende des Kirchenvorstandes St. Goar an das Landratsamt in St. Goar, um die Genehmigung für die geplante Schenkung des Grundstücks einzuholen. Im Antwortschreiben vom 3. September 1914, unterzeichnet von Landrat Hermann von Kruse, heißt es unter anderem, dass es zur Annahme der Schenkung des Grundstücks Flur 1, Nr. 122 der Gemarkung Biebernheim nicht der Genehmigung der Staatsbehörde bedürfe, weil das Grundstück nicht mehr als 5.000 Mark wert sei.

Kriege und Inflation

Der Ausbruch des 1. Weltkrieges unterbrach alle Bemühungen um den Bau der geplanten Kapelle. Schon im Jahr 1920 wurde der Bauverein wieder ins Leben gerufen und erneut Geld gesammelt. Doch die Inflation des Jahres 1923 und der einhergehende Verlust des gesamten Grundkapitals, die in den folgenden Jahren einem Kirchenbau nicht förderlichen politischen Verhältnisse in Deutschland und schließlich der Ausbruch des 2. Weltkrieges zwangen zur vorübergehenden Aufgabe des Plans, in Biebernheim eine Kapelle zu errichten.

Aufbruch zu neuen Taten

Bei der Biewerumer Quetschekerb des Jahres 1953 reifte bei der Kirmesjugend erneut der Wille, in Biebernheim eine Kapelle zu bauen. Die Idee wurde von den Biebernheimer Katholiken begeistert aufgenommen. Es wurden Pläne entworfen und Berechnungen erstellt. Am 24. Januar 1954 sprachen sie sich in einer Zusammenkunft fast alle dafür aus, Spenden zu sammeln und das Gotteshaus in Eigenleistung zu errichten.

St. Goars Pastor Alfons Hoffmann sagte für das ehrgeizige Vorhaben seine volle Unterstützung zu. Er rief den Kapellenbauverein als dessen Vorsitzender wieder neu ins Leben und zahlreiche Bürger aus der gesamten Region traten als Mitglieder ein. Der örtliche Dorfschullehrer Peter Wendling wurde zum stellvertretenden Vorsitzenden und Schneidermeister Peter Goar Knab zum Kassierer gewählt.

Der Verein setzte einen dem jeweiligen Einkommen seiner Mitglieder angemessenen Beitrag fest, der allein eine monatliche Einnahme von rund 500 DM einbrachte. Das Generalvikariat des Bistums Trier gab dem Vorhaben, das in mehreren Bauabschnitten über drei Jahre geplant und dessen Bausumme auf rund 70.000 DM veranschlagt wurde, seine grundsätzliche Zustimmung.

Im Mai 1954 wurde ein entsprechendes Baugesuch sowohl bei den kommunalen als auch bei den kirchlichen Behörden mit dem Hinweis eingereicht, dass der Baubeginn alsbald erfolgen solle. Im Juli 1954 begann der Erdaushub, der von Hand ausgeführt wurde. Rund 60 Männer aller Altersgruppen beteiligten sich an den mühsamen Ausschachtungsarbeiten. Gleichzeitig wurde der Bausand, der vom Pfarrgut der evangelischen Stiftskirche St. Goar zur Verfügung gestellt wurde, zur Baustelle gefahren.

Die Grundsteinlegung

Die Arbeiten gingen so zügig voran, dass schon wenige Wochen später, am 10. Oktober 1954, am Fest des Unbefleckten Herzens Mariä der Grundstein gelegt werden konnte. Der Festakt begann mit einem feierlichen Gottesdienst, den Dechant Franz Hartel aus Bleialf, ein gebürtiger Biebernheimer, zelebrierte.

Am Nachmittag fanden sich bei herrlichem Wetter die Bevölkerung von Biebernheim, Vertreter der Geistlichkeit, der Behörden und sonstige Gäste zur Grundsteinlegung an der Baustelle ein. Böllerschüsse kündigten den Beginn der Feier an.

Pastor Alfons Hoffmann bezeichnete es bei seiner Begrüßung der zahlreichen Gäste als großen Erfolg, dass es der erst vor wenigen Monaten gegründete Kapellenbauverein durch sein großartiges Bemühen in so kurzer Zeit ermöglichte, den von Peter Moog aus St. Goar-Fellen gestifteten Grundstein für das Gotteshaus zu legen. (Abb. 3) In seinen Dank bezog er besonders Stadt- und Amtsbürgermeister Hubert Baldus und Ortsbürgermeister August Pabst für deren tatkräftige Unterstützung des Vorhabens ein.

Dechant Hartel hielt die Festansprache und Pastor Alfons Hoffmann verlas die Urkunde zur Grundsteinlegung, die folgenden Text hat:
„Im Marianischen Jahr, am 10. Oktober im eintausendneunhundertvierundfünfzigsten Jahre nach der Geburt Christi, dem achtzehnten Sonntag nach Pfingsten, als Papst Pius XII. glorreich die Kirche regierte, als Dr. Matthias Wehr Bischof von Trier, Johannes Wahrheit Dechant des Dekanates St. Goar, Alfons Hoffmann Pastor der Pfarrgemeinde St. Goar, Professor Theodor Heuss Präsident der Bundesrepublik Deutschland, Dr. Konrad Adenauer Bundeskanzler, Peter Altmeier Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Dr. Wilhelm Sommer Regierungspräsident von Koblenz, Heinrich Roth Landrat des Kreises St. Goar, Hubert Baldus Stadt- und Amtsbürgermeister von St. Goar und August Pabst Ortsbürgermeister von Biebernheim waren, wurde im Namen der Allerheiligsten Dreifaltigkeit zu Ehren der allerseligsten Jungfrau und Königin Maria, sowie zu Ehren des Hl. Leonhard, der Grundstein zu dieser Kapelle gelegt und eingesegnet.

Möge sich auf diesem Grundstein die Kapelle zur Königin Maria und zum Hl. Leonhard erheben zu einem herrlichen Tempel des Allerhöchsten, zu einem sprudelnden Quell neuen Lebens und der Gnade, des Friedens und der Freude für viele Geschlechter. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen!

Biebernheim, am Fest des Hl. Franz von Borgia.
Pfarrer der Kirchengemeinde St. Goar: Hoffmann
Der Amtsbürgermeister: Baldus
Der Gemeindebürgermeister: Pabst
Maria, Königin des Friedens, bitte für uns.“


Bischof Dr. Reinhard Marx besucht 2007 die Kapelle Maria Regina in St.Goar-Biebernheim