Ansprache zum 3. Sonntag im Jahreskreis A2023 SG
Bis heute nennen wir ihn „Jesus von Nazareth“. Wahrscheinlich haben die Leute aus Kafarnaum ihn so genannt. Er war in diese Stadt, in dieses Städtchen an der Straße am Meer wie es im Evangelium heißt, gezogen. Kfar Nachum, das Dorf des Nachum wird sie bis heute genannt. Unser Wort „Kaff“ kommt übrigens von diesem Wort Kfar, Dorf. Ein Handelsplatz an der via maris, die von Ägypten nach Damaskus führte. Ein internationaler Treffpunkt der Karawanen und der Menschen und Kulturen und Religionen, keine sehr fromme, ganz jüdisch geprägte Siedlung.
Hier hatte Jesus seinen festen Wohnort, seine Heimat, wenn er nicht unterwegs war. Hier am Ufer des Sees Gennesaret, wo er auf seine ersten Jünger trifft. Unweit von Ihnen wird er gewohnt haben.
Wenn man heute das archäologische Grabungsfeld von Kafarnaum anschaut, erkennt man deutlich die kleinen Häuser mit einem ummauerten Innenhof und die schmalen Gassen. Wo mag Jesu wohl gewohnt haben?
Man zeigt bis heute das Haus des Petrus, schon ganz früh hat man das Haus des Fischers und seiner Familie mit einer achteckigen kleinen Kirche umbaut. Aber wo wohnte Jesus?
Von sich selbst erzählter er, dass er keinen Ort habe, wo er sein Haupt hinlegen könne. Vielleicht wohnte er bei Petrus oder Andreas. Auf alle Fälle war Kafarnaum sein Stützpunkt und Rückzugsort, hier fühlte er sich wohl.
Viele Begegnungen und Wunder und Predigten werden hier am See verortet. Seine Botschaft, auf den Punkt gebracht, ist sehr einfach und er benutzt sogar dieselben Wort seines Lehrers Johannes, der in der Wüste aufrief:
Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe.
Kehrt um! Man kann nicht mehr einfach so weitermachen wie bisher! Das wird uns auch oft gesagt. Das verstehen wir alle, das haben wir auch lernen müssen: in den Einschränkungen durch Corona, durch Teuerung und Lieferengpässe, und der Fachkräftemangel ist täglich spürbar. Die Klimadebatte spitzt sich zu und der russische Krieg hat auch uns im Westen aus dem Schlummerschlaf geweckt.
Kehrt um! Es geht nicht einfach immer so weiter, ändere deinen Lebensstil, tu etwas, überprüfe deine Haltungen und Gewohnheiten! So lautet die Aufforderung an uns. Wir wissen alle, wie schwierig aber die Umsetzung ist. Die Medizin kann es uns das heute erklären: der Bereich im Gehirn, der für die für die Einsicht zuständig ist, sitzt weit in einem anderen Bereich, der für die eingeübten Gewohnheiten zuständig ist. (Der Weg ist ungefähr so weit wie von St. Goar nach Oberwesel oder umgekehrt!) Es müssen also bei jeder Änderung einer Gewohnheit erst die neuronalen Wege gebaut werden. Das bedeutet: Übung, Wiederholung und Zeit und Durchhalten!
Deshalb haben ja Neujahrsvorsätze so eine kurze Haltbarkeit.
Erst wenn es einen guten Grund gibt, ändern wir die Lebensrichtung und kehren um: Wenn der Arzt dich ermahnt wegen der schlechten Blutwerte, wenn eine Krise deine Welt einstürzen lässt, wenn Trennung oder Tod dich allein zurücklassen.
Ja, wir müssen es zugeben, es braucht oft Druck, Not oder Angst bevor wir uns ändern. Das aber sind keine guten Motivatoren. Freiwillig ist schwierig!
Bei Jesus heißt es: kehrt um! Denn das Himmelreich ist euch nahe.
Mit Jesus ist das Licht in das Dunkel der Welt gekommen, so glauben wir die Propheten Jesaja zu verstehen. Mit ihm kommt Gott als Mensch in die Welt, in seinem Geist geht er mit mir.
Das verändert alles, das macht Umkehren auch leichter. Jesus macht weder Druck, noch Angst noch Not.
Deshalb kann ich ihm nachfolgen, hinterhergehen. Er gibt mir ein Netz mit dem ich das finde, was ich zum Leben brauche: Menschen!
Nicht mehr Fische werden gefangen, sondern Menschen werden in Beziehung gebracht. Jesus schenkt mir sein Beziehungsnetz, eine versöhnte Gemeinschaft mit ihm und Gott, und Menschen, die gut und wohlmeinend mit mir umgehen. Und füreinander da sind, einander ermutigen, die sich suchen und finden, sich vernetzen und weiter erzählen, was sie in der Gemeinschaft mit Jesus Tag für Tag erleben und an Nähe und Kraft erfahren. „Menschenfischer“ hat Jesus diesen Typ Mensch genannt, später hießen sie nach ihm Christen. Deshalb werden wir eingetaucht und in der Taufe mit Wasser übergossen.
„Wasch mich, aber mach mich nicht nass!“ Das geht mit Jesus nicht. Unser Einsatz ist gefragt!
Aber dieser Einsatz als „getaufter Menschenfischer“ lohnt sich! Glauben Sie, ich würde mir das sonst nicht antun mit fünf ehemaligen Pfarreien, 12 Kirchen und einer Fusion, die noch nicht in trockenen Tüchern ist?
Oder gar mit meiner Aufgabe als Dekan? Und das mit 60?
Man muss schon ein bisschen bekloppt sein, das gebe ich zu, aber jeder von Ihnen kennt in seinem Leben solche Momente, wo der Herr Dich fragt:
Machst du mit, hilfst du, kannst du das eine jetzt loslassen, willst du was neues probieren? Ich gehe mit Dir und ich helfe Dir, wenn du das Netzwerk der Menschen in die Hand nimmst! Ich gehe mit Dir! Und wenn du absäufst , rette ich Dich!
Liebe Schwestern und Brüder, wo wohnt Jesus? In Kafarnaum hat man nicht seine Adresse gefunden. Er wohnte damals bei Petrus Johannes, und vom Ostermorgen an wohnt er bei seinen Schwestern und Brüdern, die mit ihm am Netzwerk Kirche bauen. Vielleicht auch bei dir. Wo Jesus wohnt, da ist DAHEIM.