Die katholische Pfarrei St. Goar besitzt ein Mariengnadenbild, ein sog. „Mariahilf Bild“

Mariahilf-Bild -St. Goarer Kopie-

Der Wonnemonat Mai – das ist die Zeit der Blumen und Blüten, der grünen Landschaften und der warmen Sonnentage. Blumen und Blüten sind Symbole für die Gottesmutter Maria in ihrer Gnadenfülle. Daher ist auch der Monat Mai in der katholischen Kirche der Gottesmutter geweiht. Insbesondere im Marienmonat wird Maria in Maiandachten und Wallfahrten verehrt. Es werden Maialtäre mit Blumen geschmückt, was auch zu unserer Kinderzeit im eigenen Heim mit selbst gepflückten Wiesenblumen noch üblich war. In unserer Umgebung finden Wallfahrten zu den Mariengnadenbildern in Kamp-Bornhofen, Mariental im Rheingau oder Maria-Martental statt. Auf die Fürsprache der Gottesmutter erhoffen sich die Gläubigen Hilfe in allen Lebenslagen.

Original Mariahilf-Bild nach Lucas Cranach d.Ä. im Innsbrucker Dom (Urtyp vieler Mariahilf-Bilder)

Im Rahmen der Inventarisierung der Kunst- und Kulturdenkmäler der Stadt St. Goar durch die Direktion Landesdenkmalpflege in Mainz wurde auch ein Mariengemälde, das sich in der Sakristei der kath. Pfarrkirche St. Goar befindet, erfasst. Niemand erkannte bisher die Bedeutung dieses Bildes. Durch Zufall ist Stadtarchivar Franz-Josef Schwarz beim Durchblättern eines Inventarverzeichnisses des Stiftsmuseums der Stadt Aschaffenburg auf ein Marienbild gestoßen, welches dem Bildnis in St. Goar ähnelt. Weitere Recherchen des Stadtarchivars hatten folgendes Ergebnis:

Lucas Cranach d.Ä. malte zwischen 1517 und 1525 für den evangelischen sächsischen Hof in Dresden ein Marienbild, den Ur-Typ vieler Maria-Hilf-Bilder. Es war zunächst bestimmt für die Heiligkreuzkirche in Dresden. 1611 kam dieses Bild als Geschenk des protestantischen sächsischen Kurfürsten in den Besitz des Erzbischofs von Passau, Erzherzog Leopold V. Er war der erste Verehrer dieses Bildes, auf all seinen Reisen nahm er das Bild mit. Auch den Namen „Maria Hilf“ dürfte es dem frommen Erzherzog verdanken. 1625 nimmt Erzherzog Leopold sein privates Gnadenbild nach seinem Verzicht auf das Passauer Bischofsamt mit nach Innsbruck. Dort wird es noch heute im Hochaltar des St. Jakobsdomes als Gnadenbild verehrt.

Lucas Cranachs Mariahilf-Bild wurde in Folge sehr häufig kopiert. Bei dem Motiv handelt es sich um eine der am weitesten verbreiteten Marienbilder in Tirol, Süddeutschland und im Alpenraum. Viele Kopien wurden selbst zu bedeutenden Gnadenbildern und bilden seitdem Zentren eigener Wallfahrten. Stadtarchivar Schwarz hat nun festgestellt, dass auch das St. Goarer Marienbild in die Kopien des Cranachschen Mariahilf Bildes einzuordnen ist. Das Gemälde hält sich streng an Cranachs Motiv, lediglich Gesicht und Frisur Mariens sind anders gestaltet. Der Typus dieser „Madonna mit dem sie umhalsenden Kind“ gründet in der Tradition byzantinischer Ikonen. Im Jahr 1684 wird die erste Maria-Hilf-Bruderschaft in München, St. Peter, gegründet. In Folge entstanden zahlreiche solcher Bruderschaften, die in erster Linie auf den Kapuzinerorden zurückgehen. Mitte des 17. Jahrhunderts und in den 80er Jahren des 18. Jahrhunderts übernahmen die Kapuziner als sog. Hilfsgeistliche die katholische Seelsorge in St. Goar. Es ist also durchaus möglich, dass das Marienbild auf diesem Weg nach St. Goar gelangte. Das Gemälde ist daher in die Zeit zwischen Ende 17. Jahrh. bis Mitte 18. Jahrh. zu datieren.

Herr Dr. Sebald von der Direktion Landesdenkmalpflege in Mainz, der die Inventarisierung der St. Goarer Kulturdenkmäler derzeit zum Abschluss bringen wird, hat inzwischen bestätigt, dass es sich bei dem St. Goarer Bild um eine Kopie des Gnadenbildes von Lucas Cranach handelt.

Somit ist wohl das Geheimnis um dieses St. Goarer Marienbild aufgeklärt und es verdient als „Mariahilf-Bild“ von den Gläubigen verehrt zu werden.

Stadtarchivar Franz-Josef Schwarz, St. Goar